Die fetten Jahre sind vorbei, dennoch sind wir keine arme Stadt. Wir müssen uns nur genauer überlegen, wofür wir unser Geld ausgeben sollen und wollen. Die immensen Ausgaben für unsere neue Schule, die wir mitbeschlossen haben, dürfen nicht auf Kosten einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung und eines effizienten Klima- und Umweltschutzes gehen.
Den Klimakollaps aufzuhalten ist unsere dringliche Aufgabe, auch auf kommunaler Ebene.
„Die Stunde dringt und rascher Tat bedarf`s“, um es mit den Worten Schillers zu sagen.
Aber Klimaschutz kostet Geld, zu wenig Klimaschutz kostet aber noch viel, viel mehr, wenn man die Folgekosten des Klimawandels und dessen Anpassungskosten bedenkt.
Beispiele: Schäden durch Hochwasser, durch Hitze- und Dürreperioden, durch Landschaftserosionen und mit der Senkung des Grundwassers einhergehende Gebäudeschäden.
Was können, ja was müssen wir tun?
Das vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg aufgestellte Förderprogramm KLIMOPASS unterstützt die Kommunen bei der Erarbeitung und Aufstellung einer Verwundbarkeitsuntersuchung, die Problembereiche feststellt und Lösungskonzepte erarbeitet.
Dafür gibt es Fördergelder, die wir beanspruchen sollten. Im übrigen gibt es Milliarden von kommunalen Fördergeldern, die nicht abgerufen werden. Es gibt also genug zu tun, für den Klimamanager, der ja bald seine Arbeit aufnimmt. Darauf freuen wir uns.
Aber was konkret ist zu tun?
Wir müssen uns einsetzen für den konsequenten Einsatz erneuerbarer Energien, die Maximierung der Energieeffizienz und die Umsetzung von Energiesparmaßnahmen.
Bei allen, alten und neuen Bauvorhaben muss auf Wärmedämmung und Wärmepumpen oder Fernwärme gesetzt werden. In den Bebauungsplänen müssen künftig Photovoltaikanlagen, Solaranlagen und Begrünungen zu den Grundlagen gehören.
Mit der neuen Gestaltungssatzung sind wir was Begrünung, Dachbegrünung und Dacheindeckung anbetrifft auf einem guten Weg. Die aktuell laufende Solaroffensive der Stadt in Kooperation mit der Energieagentur Kreis Ludwigsburg, der LEA, halten wir für einen Schritt in die richtige Richtung.
Unsere Stadtwerke haben die Möglichkeit eine kommunale Klimaschutzpolitik direkt umzusetzen. Sie können die regenerativen Energiepotenziale vor Ort erschließen, wie z.B. die Nutzung der Abwärme der Abwässer. Sie können Energiesparkampagnen durchführen und Projekte wie E-Mobilität, intelligentes Stromnetz mit Energiespeichermöglichkeiten fördern und durchführen.
Der Umweltpreis, den die Stadtwerke künftig ausloben, ist ein sehr guter Einstieg.
Welche Maßnahmen zu Gunsten des Stadtklimas und gegen die globale Klimaerwärmung müssen wir angehen? Sparsam mit Flächen umzugehen ist das Gebot der Stunde.
Beispiel: Man kann über einem Discounter Wohnungen oder Büroflächen bauen, Garagenhöfe in Quartiersparkhäuser verlagern zu Gunsten von Wohnungsbau. Auch hier hilft Phantasie.
Das Artensterben bei den Insekten hat inzwischen dramatische Dimensionen angenommen, z.B. verschwinden die Hummeln in Europa durch die steigende Temperatur.
Künftig kommen auf die Kommunen wichtige Aufgaben im Artenschutz zu. Durch die einseitige Landwirtschaft, den fehlenden Ökotrittsteinen und den Einsatz von insektenfeindlichen Mitteln gehen Insektenpopulationen bedrohlich zurück. Das bedeutet, dass die Bestäubung der Obstbäume und Plantagen durch Bienen akut gefährdet ist. Konkret heißt unsere Aufgabe, ökologische Brücken aus der Stadt in die Landschaft zu bauen.
Klimaschutz und Artenschutz gehen Hand in Hand.
Bei Neuplanungen, wie dem neuen Zentrum müssen wir auf einen gesunden, miteinander urbanen und ökologischen Aspekt setzen, d.h. hitzereduzierende Bäume und Wasserstellen in die Planung gleich von Anfang an miteinbeziehen.
Ist die Grünplanung am neuen Bahnhofsvorplatz nach klimarelevanten Kriterien erfolgt, werden dort noch Bäume gepflanzt?
Wir brauchen intakte innerstädtische Grünflächen mit mehr Biodiversität. Dazu gehören auch Parks und Kleingärten.
Wir sind nicht gesegnet mit großen Grünanlagen und Parks, der angedachte Autobahndeckel muss auch unter diesem Aspekt untersucht werden.
Wir brauchen eine innerstädtische Grünvernetzung, bislang gibt es nur am Gründelbach einen Grünzug.
Kaltluftentstehungsgebiete wie Wiesen und Äcker, sowie Fischluftentstehungsgebiete, das sind luftreinigende, siedlungsnahe Waldflächen brauchen Luftleitbahnen oder Fischluftschneisen, die die Luft in die Stadt bringen.
Diese Fakten müssen wir kennen und richtig bewerten, wenn es um die Ausweisung neuer Baugebiete und um die Fortschreibung des Flächennutzungsplans geht. Genauso wichtig ist die Bewertung innerstädtischen Grüns. Wir müssen die ökologische Bedeutung der Fläche genau kennen, wenn wir im Stadtgebiet entwickeln wollen.
Diese Daten liefert die Biotopkartierung. Da unsere Kartierung von 1989 nicht mehr aktuell ist, möchten wir darauf drängen, dass sich die Stadt bei der zuständigen Landesbehörde dafür einsetzt, dass die Kartierung aktualisiert wird, sodass wir bei unseren Entscheidungen auf verlässliches Datenmaterial zurückgreifen können.
Lebensqualität gewinnt man auch mit einer schönen Landschaft. Wir liegen malerisch am Neckar, haben aber kaum Bezug, kaum Zugang zum Fluss.
Das Projekt „Grünzug Neckar“ hat für viele Gemeinden 2006 attraktive Lösungen gefunden. Können wir für Freiberg im Einklang mit den FFH – Statuten einen Neckarzugang schaffen – vielleicht unter Einbezug von Überflutungsflächen?
Stadtplanung und Stadtentwicklung darf sich nicht aufs Zentrum beschränken.
Wir brauchen lebens- und liebenswerte Ortsteile mit funktionsfähiger Infrastruktur, Mehrgenerationenprojekte, seniorengerechten Wohnungen, Wohnungen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Wohnungen für kinderreiche Familien, usw. in einer gesunden sozialen Durchmischung.
Aber das Preisniveau für Wohnraum ist in Freiberg sehr hoch, gerade für junge Familien oft unerschwinglich.
Die Stadt muss weiterhin bezahlbaren Wohnraum schaffen.
Wir haben immer noch keine Lösung gefunden, die Leerstände zu minimieren.
Eigentum verpflichtet, aber nicht um jeden Preis.
Müssen auch die Rechte der Vermieter wieder mehr in den Fokus gerückt werden, wenn Wohnungen nicht vermietet werden, weil die Vermieter in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit zahlungssäumigen oder nicht gesellschaftskonformen Mietern gemacht haben?
Kann die Stadt hier als Zwischenmieter und Ansprechpartner vielleicht Abhilfe schaffen?
Viele Senioren leben alleine in einem Haus, während eine vierköpfige Familie in einer Dreizimmerwohnung wohnt.
Könnte man eine Art Tauschbörse initiieren, die für alle attraktiv wäre?
Ein größeres Angebot seniorengerechter Wohnungen im neuen Zentrum könnte die Situation entspannen.
Kinder, Jugendliche und junge Familien müssen gefördert werden.
Dazu gehört eine Jugendpolitik mit attraktiven Angeboten, wir denken auch an ein Jugendhaus im neuen Zentrum.
Weithin müssen wir die vielfältigen Angebote für Kinder und Familien stärken und die Betreuungsangebote auch gemäß des Rechtsanspruchs fördern.
Am 16.12.2016 wurde durch die Freiberger Bürger entschieden die drei Grundschulstandorte zu erhalten. Eine Sanierung aller drei Grundschulstandorte wurde damals auf 23,55 Mio € Investitionskosten und 15,28 Mio € Unterhaltskosten über 25 Jahre geschätzt.
Die Gebäude der Grundschulen sind seither nicht besser geworden.
Die Schülerzahlen gehen nach oben. Die Sanierungsarbeiten der Grundschulen sind längst überfällig. Warum nach über drei Jahren nichts passiert ist, ist der Bevölkerung schwer zu vermitteln.
Ob es an einer Schule einen Ganztagsbetrieb oder eine Ganztagsbetreuung geben wird, ändert sicherlich das Nutzungskonzept und dadurch die Anforderungen an die erforderlichen Räume. In der Machbarkeitsstudie durch GUS Architekten (2016) wurden verschiedene Szenarien untersucht. Wie sich konkret ein Ganztagsbetrieb bzw. eine Ganztagsbetreuung nach aktuellen Standards an den jeweiligen Standorten verwirklichen lässt und welche Abstriche man evtl. machen muss, wurde bis zum heutigen Zeitpunkt nicht weiter untersucht. Dies sollte aber eigentlich auch eine wichtige Rolle spielen bei dem Entwicklungsprozess und weiteren Gesprächen mit dem staatlichen Schulamt Ludwigsburg sowie mit den Schulleitern der drei Grundschulen. An welchem Standort ist was und wie machbar.
Leider sind solche konkreteren Untersuchungen an allen drei Standorten bis zum heutigen Tag auch nach vermehrter Anfrage nicht erfolgt, unser gemeinsamer Antrag von OGL und SPD wurde abgelehnt.
Ob die von der Verwaltung veranschlagten 100.000€ für das Jahr 2020 ausreichen, wird sich zeigen. Möglicherweise werden wir einen ähnlichen Antrag im Laufe des Jahres noch einmal stellen und die veranschlagten Kosten erhöhen müssen. Die Sanierung der Grundschulen muss endlich in Fahrt kommen.
Die Straße gehört allen, die Vorherrschaft des Autos in unseren Innenstädten wird bald Geschichte sein.
Wir brauchen fahrrad- und fußgängerfreundliche Verkehrskonzepte für die ganze Stadt.
Die Anbindung des Bahnhofs und der Sportanlagen im Wasen an das Zentrum muss sicher und attraktiver gestaltet werden.
Jetzt, da die Eschen am Wasenhang gefällt sind, können wir auch wieder einen Serpentinenwerg zur Wasenhalle ins Auge fassen und in die neue Grünplanung mit einbeziehen.
Unser Bürgerbus ist eine tolle Sache, für die breite Bevölkerung ist ein Ringbussystem in Kombination mit einem Rufbus eine sinnvolle Ergänzung.
Wir wünschen uns nachhaltige Konzepte in der Stadt, zwei Beispiele:
Maßnahmen zur Reduzierung des Plastikmülls, auch geeignete Systeme, die bei vollen Regenrückhaltebecken den Plastikmüll abfangen und verhindern, dass er direkt in den Neckar eingeleitet wird.
Trinkbrunnen auf dem Marktplatz können ohne viel Aufwand auch vor der Umgestaltung provisorisch errichtet werden.
Abschließen möchte ich mit einem Appell für mehr Demokratie im Rat. Wenn Gemeinderäte aus der Zeitung erfahren, dass der eventuelle Autobahndeckel mit Büros und Wohnungen bebaut werden soll, ohne je darüber diskutiert zu haben, so verwundert dies schon.
Wenn das Projekt mit solchen Vorgaben bei der Internationalen Bauausstellung 2027antritt, wird es, wie schon erlebt (Feuerwehrhausanbau) den richtigen Zeitpunkt, den Gemeinderat mit einzubeziehen nicht mehr geben.
Des Weiteren gehört zu meinem demokratischen Verständnis, dass der Gemeinderat bei der Aufstellung des kommunalen Haushalts ein aktives Mitspracherecht hat. Wenn wir aber für alle Anträge die Finanzierung durch Streichung anderer Haushaltsstellen darstellen müssen, gehen unsere Anträge zwangsläufig gegen Null.
Das war seither nicht so und darüber müssen wir dringend neu beschließen.
Gleichwohl schätzen wir die Arbeit der Verwaltung und bedanken uns ganz herzlich bei allen Mitarbeitern für Ihre Überstunden, ihre Kompetenz und Ihren ganzen Einsatz zum Wohle der Stadt.
Vielen Dank.
Elvira Kuhnle-Chmielnicki
Fraktionsvorsitzende der Offenen Grünen Liste