Die Haushaltsrede für die Offene Grüne Liste Freiberg hielt am 19. Dezember 2023 Michael Frey:
Der Freiberger Haushalt für das Jahr 2024 ist nicht ganz so schwierig wie der Bundeshaushalt, denn auf kommunaler Ebene gibt es keine vergleichbare Schuldenbremse: wir könnten uns durch Investitionen verschulden, so lange wir diese kreditfinanziert bekommen. Gut daran ist, dass damit die notwendigen Investitionen nicht behindert werden. Schlecht ist, wenn hier übertrieben wird und damit über lange Zeit der Ergebnishaushalt belastet wird.
Überträgt man die betriebswirtschaftliche Maxime „Investitionen sind so lange gut, wie sie ausreichend Rendite bringen“ einmal auf die kommunale Situation: die Rendite der Investitionen in Gebäude, Schulen und andere Infrastruktur ist die Attraktivität der Stadt, aber auch die Vermeidung von Kosten, die uns einholen, wenn wir nicht investieren.
Dem Ziel, eine hohe Lebensqualität in Freiberg zu erhalten, fühlen wir uns verpflichtet. Die Ausgaben müssen dabei gut abgewogen sein. Im Gegenzug dürfen den Bürgern in gewissem Umfang auch Kompromisse und Gebühren abverlangt werden. Beispiele dafür:
- öffentliche Autostellplätze dürfen etwas kosten, Parkausweise sind fair und sollten Normalität sein.
- die moderate Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer war notwendig. Auch wenn wir uns alle wünschen, stattdessen zusätzliche Gewerbesteuerzahler anzulocken.
Der schwierigste Punkt im Haushalt sind die zusätzlichen Stellen und Kosten in der Stadtverwaltung. Die Stellen und Kostensteigerungen sind im Einzelnen zwar gut begründet. Aber Bauchschmerzen bereitet uns wie anderen Fraktionen, dass es bisher keinen einzigen nennenswerten Punkt gibt, an dem der Aufwand geringer wird, z. B. durch Vereinfachung bisheriger Aufgaben mittels Digitalisierung.
Ob es berechtigt ist, der Stadtverwaltung in dieser Hinsicht mangelnde Innovation oder Kreativität vorzuwerfen, wie dies teilweise im Raum stand - und wie kreativ das Gutachten der von der Stadtverwaltung präferierten Beratungsfirma war, das wissen wir alle nicht.
Deshalb aber die im Einzelnen notwendigen Stellen oder den Haushalt generell abzulehnen, scheint uns nicht der richtige Weg. Das wäre weder im Sinne der Bürger, noch das richtige Signal für die städtischen Mitarbeiter, die sehr gute Arbeit machen.
Allerdings nehmen wir die Stadtverwaltung beim Wort: wenn mittelfristig die angestoßene Digitalisierung und andere Maßnahmen greifen, muss es auch zu Entlastungen kommen und diese müssen sich auch in der Zahl der Stellen widerspiegeln. Spätestens bei künftigen Aufstockungswünschen der Verwaltung sollte dies immer eingefordert werden!
Ein weiterer schwer zu verkraftender Punkt sind die Mehrkosten von 5,7 Mio. € beim Neubau der OPS-Sporthalle. Es war wohl finanziell das denkbar schlechteste Zeitfenster, um zu bauen. Aktuell scheint das Umfeld deutlich besser zu sein – relevant für den Bau der neuen Kasteneckschule.
Das ist übrigens ein Beispiel dafür, dass der im Gremium oft gefallene Spruch: „günstiger wird’s nie und später bauen heißt immer teurer bauen“, so nicht stimmt.
Die Ertüchtigung der alten OPS als Übergangslösung für die Grundschule und für Geflüchtete ist aktuell der richtige Schritt, da dadurch relativ schnell und günstig Raum zur Verfügung steht und ein leerstehendes Gebäude dem Zentrum nicht guttut. Dies ist seitens der Verwaltung ein mutiger Schritt, da aus der Bürgerschaft verständlicherweise nicht nur Zustimmung kommt: es gibt viel Erklärungsbedarf hinsichtlich der Möglichkeiten und Zwänge, in denen wir uns bewegen. Natürlich brauchen wir ein fachmännisches Konzept und Prävention, um dabei Konflikte und Eskalationen zu vermeiden, die nicht nur Unfrieden bringen, sondern auch Geld kosten.
Das neue Zentrum nimmt Form an und ist eine einzigartige Chance!
In Freiberg wurde seit zwanzig Jahren kein Neubaugebiet mehr realisiert, auch um nicht in die Breite zu wachsen und den Flächenfraß gering zu halten. Hier erreichen wir ein Neubaugebiet ohne größere zusätzliche Versiegelung. Und gleichzeitig eine enorme Aufwertung der Innenstadt.
Die Bedenken, ob die Stadt dies stemmen kann, sind verständlich, aber letztlich unbegründet: die notwendigen Investitionen liegen im Wesentlichen bei Investoren, wie bei konventionellen Neubaugebieten auch. Bei der Stadt bleiben die Investitionen in das Rathaus und das Haus der Bürger, vor dem Hintergrund, dass das alte Rathaus ohnehin teuer saniert werden müsste.
Allerdings muss der Umfang der öffentlich genutzten und zu finanzierenden Flächen sehr kritisch hinterfragt werden. In Zeiten, in denen die meisten Unternehmen ihre Flächen wegen Home Office und Digitalisierung reduzieren können, sollte auch der Flächenverbrauch der Stadtverwaltung nicht größer, sondern pro Kopf deutlich kleiner werden.
Freiberg hat viele Schüler und viele Jugendliche, diese brauchen Möglichkeiten, sich zu treffen. Es müssen also Plätze zur Verfügung gestellt werden, die für Jugendliche attraktiv sind. Dies ist eine Investition, die einen bedeutenden Teil unserer Bevölkerung betrifft und zum sozialen Frieden beitragen kann. Hier sind wir in der Pflicht, auch im neuen Stadtzentrum.
Investitionen in innovative Umwelttechnik sind für uns Grüne natürlich ein Schlüsselthema. Die Nahwärmeversorgung wird nun ausgebaut, zumindest entlang der bestehenden Leitungsachse. Neben den Gebäuden im Zentrum sollten möglichst viele naheliegende Straßenzüge daran angeschlossen werden. Die kommunale Wärmeplanung muss gleichzeitig schnell vorangetrieben werden. Dies schafft für die Bürger Planungssicherheit bezüglich ihrer künftigen Heizung. Die Belegung aller stadteigenen Dächer mit Photovoltaik ist entschieden, aber bei Weitem nicht umgesetzt.
Bei allen anstehenden Neubauprojekten plädieren wir für den Vorrang von Holzbauweise und DGNB-Zertifizierung. Dafür gibt es auch nach wie vor Fördergelder. Übrigens sollte die FaNergie in den Zukunftsinvestitionen und in der Gestaltung der kommunalen Energiewende eine stärkere Rolle spielen.
Natürlich könnte hier manches schneller gehen. Wir begrüßen, dass es bspw. die Klimawerkstatt, den ADFC und viele andere Initiativen gibt, die hier Ideengeber sind und dass die Stadtverwaltung mit diesen konstruktiv zusammenarbeitet. Dies kann neben mehr Nachhaltigkeit auch einen positiven Effekt auf die Wirtschaft und das soziale Gefüge haben. Wir laden alle Fraktionen und alle Bürger ein, gemeinsam an einer lebenswerten und zukunftsorientierten Stadt zu arbeiten.